„Die Klimakrise macht erst recht vor der Landwirtschaft nicht Halt“

Statement von Bezirksrätin Dagmar Keis-Lechner über die Bauernproteste

Gut organisiert und friedlich protestierten am 08.01.24 die Bauern mit ihren Traktoren. Gut so, denn Ankündigungen im Netz ließen befürchten, diese könnten von Rechtsradikalen unterwandert und instrumentalisiert werden.

Kritik an der Ampel war laut geworden, Hass und Hetze gegen die Regierenden geschürt bis hin zum Versuch, eine Fähre mit Vizekanzler Habeck und seiner Familie zu stürmen. 

Ist die Ampel alleiniger Verursacher der finanziellen Situation von Kleinbauern und des Höfesterbens? Ich habe da so meine Zweifel…

Verständnis bringe ich für die Proteste auf. Dass die Landwirte durch die Decke gehen, wenn ihr Einkommen weniger wird, aber alle anderen ein Einkommensplus anstreben, ist bei deren Leistung völlig verständlich.

In den anstehenden Tarifverhandlungen wird das Einkommensplus u. a. mit den höheren Lebenshaltungskosten begründet, was sicher niemand bestreitet, da die gestiegen Kosten an allen Verkaufsregalen sichtbar sind. Sichtbar vor allem bei Brot, Obst, Gemüse, Milchprodukten, Fisch und Fleisch.

Schaut man sich die Marktmacht von EDEKA, REWE, Lidl, Kaufland und Aldi (Zweidrittel des Gesamtumsatzes) an, wundere ich mich nicht, wenn diese die Preise diktieren. Diese Großkonzerne leben von Billigangeboten, da bleibt für die Erzeugung, für die Landwirtschaft, kaum etwas übrig. Weiter können diese Konzerne Steuervermeidungs- und Steuersparmodelle nutzen, so dass ihre Gewinne entsprechend hoch ausfallen.

Das heißt schlussendlich, dass der Handel die steuerfinanzierten Subventionen für die Landwirtschaft von mehr als 40 Prozent der bäuerlichen Einkommen abgreift, ohne selbst entsprechend in den Subventionstopf einzuzahlen. 

Unsere soziale Marktwirtschaft erfährt zu Lasten der Kleinbauern noch eine weitere Schieflage, da die EU-Subventionen (knapp 7 Millionen in 2020) nach Fläche verteilt werden. Da haben es die Kleinbauern aus Oberfranken schwer, sich gegen die Agrarindustrie zu behaupten und müssen um ihr Dasein fürchten. 

Trotz aller Kritik, bevor die Verrohung in unserer Gesellschaft weiter zunimmt bitte ich alle Beteiligten – Bauernverband, Handel, Konsumenten und auch die anderen Parteien – sich bewusst zu machen, dass die Empfehlung an die Ampel, die KFZ-Steuer in der Landwirtschaft zu streichen, von CSU und AfD mit empfohlen wurde.

Lasst uns lieber gemeinsam daran arbeiten, wie die Landwirtschaft ihren Dieselbedarf ersetzen kann. Auch wenn es niemand mehr hören will, sie ist da, fordert uns alle und ist unangenehm: die Klimakrise. Sie macht vor niemanden Halt – erst recht nicht vor der Landwirtschaft.