Wanderausstellung für Opfer des NS-„Euthanasie“-Programms in Oberfranken als Zwischenlösung für eine Gedenkstätte

Die oberfränkische Bezirksrätin der Grünen, Dagmar Keis-Lechner, hatte am 14. Juni im Bezirkstag mittels Antrag angefragt, wie es mit der Gedenkstätte für die ermordeten Menschen durch das NS-„Euthanasie“-Programm weitergehen soll, die bereits in der letzten Wahlperiode angedacht gewesen war.

In der letzten Wahlperiode ist im Bezirkstag darüber diskutiert worden, ob sich Oberfranken an einer Gedenkstätte in Erlangen beteiligen sollte, da Ober- und Mittelfranken zur NS-Zeit eine Einheit gebildet hatten. Man einigte sich darauf, in Oberfranken einen eigenen Weg zu gehen und sah die „Direktorenvilla“ der ehemals Oberfränkischen Heil- und Pflegeanstalt in Kutzenberg für eine Gedenkstätte vor. Dort wurde im Rahmen des NS-„Euthanasie“-Programms über das Schicksal von insgesamt 446 Patient*innen entschieden, die zwischen 1941 und 1945 in die Tötungsanstalt Hartheim deportiert und ermordet worden waren. Bisher fehlt jedes Gedenken an diese Opfer.

Die vorgeschlagene „Direktorenvilla“ am Bezirksklinikum Obermain in Kutzenberg fällt jedoch derzeit wegen Bauarbeiten leider aus. Stattdessen soll vorübergehend eine Wanderausstellung die notwendige Aufmerksamkeit für die Opfer bringen. Hierbei baut Keis-Lechner vor allem auf eine persönliche Darstellung der Opfer mittels Einzelporträts, „so dass letztendlich aus den Namen und aus den Zahlen und Daten Geschichten über ihr Leben werden“, erläutert Keis-Lechner ihren Vorschlag. Für diese Geschichten über die einzelnen Opfer soll ein Aufruf an Angehörige der Opfer gestartet werden, die mehr über die Ermordeten erzählen können.

Die Einrichtung einer Gedenkstätte für „Euthanasie“-Opfer ist vor allem in diesen Zeiten, in denen nur wenige Kilometer entfernt in Thüringen eine rechtsextremistisch eingestufte Partei als stärkste Kraft aus der Landtagswahl hervorging, wichtiger denn je. Der thüringische AfD-Vorsitzende Björn Höcke hatte im Sommer 2023 in einem Interview gefordert, den Schulunterricht von Inklusion zu „befreien“ und damit den internationalen Konsens der UN-Behindertenrechtskonvention torpediert. Wozu solche menschenverachtenden Aussagen führen können, hat die Zeit des Nationalsozialismus deutlich gezeigt. Eine Wanderausstellung mit den persönlichen Geschichten der Opfer soll für uns alle ein Mahnmal sein, dass sich diese dunkle Zeit niemals wiederholen darf.