Sparen im sozialen Bereich trifft uns alle 9. Dezember 20249. Dezember 2024 Grüne Bezirksrät:innen kritisieren niedrigen Finanzausgleich trotz hoher Rücklagen des Freistaats Landkreise und Kommunen finanzieren über die Bezirksumlage den größten Teil der Pflichtaufgaben des Bezirks Oberfranken. Die Schmerzgrenze der Finanzierung ist erreicht. Schon Mitte September hieß es im Bezirk Oberfranken: Es wird eine Umlagensteigerung um 2,6 Prozentpunkte auf 21,6 Prozentpunkte gebraucht. Das bedeutet konkret, dass die Landkreise und Kommunen in Oberfranken mehr Geld an den Bezirk abgeben müssen. Im Oktober wurde neben dieser Steigerung auch das Defizit in Höhe von fünf Millionen Euro aus dem laufenden Jahr kommuniziert, verbunden mit der Hoffnung, einen auskömmlichen Finanzausgleich vom Freistaat zu erhalten. Dieser wurde in Bayern tatsächlich um 120 Milionen Euro erhöht, was sich in Oberfranken mit einer Steigerung von 8,8 Millionen Euro bemerkbar machte. Es gab jedoch die Zusage, diese Steigerung eins zu eins an die Kommunen weiterzugeben, damit die Bezirksumlage nicht zu hoch ausfällt. Somit ergibt sich für Oberfranken eine Umlagensteigerung von zwei Prozentpunkten auf insgesamt 21. Aber auch diese Steigerung ist für die Kommunen noch eine sehr hohe Belastung. Gleichzeitig ist dem Freistaat Bayern eine überplanmäßig hohe Rücklage von etwas mehr als zehn Milliarden Euro zum Jahresende 2023 aufgelaufen. Dagegen wirkt die Erhöhung der Bezirksmittel beinahe winzig. „Wir fordern eine deutlich stärkere Unterstützung der Kommunen und gerade der Bezirke aus der Rücklage des Freistaats. Vor allem jetzt in der Krise darf sich der Freistaat nicht aus seiner Verantwortung stehlen“, sagt der Grüne Landtagsabgeordnete und Finanzpolitische Sprecher, Tim Pargent. Für den Grünen Bezirksrat Wolfgang Grader kommt erschwerend hinzu, dass bei der Bezirksumlage von 21 Prozent das Defizit von über fünf Millionen Euro aus 2024 noch gar nicht berücksichtigt ist. Wird dieses Defizit einberechnet, steigt die Bezirksumlage nochmal um 0,3 Prozentpunkte auf 21,3. Wenn dies tatsächlich so sein soll, dann bricht der Bezirk das Vesprechen, die Erhöhung des Finanzausgleichs eins zu eins weiterzugeben – eine Dilemmasituation. Jammern nutzt nichts – sauer sind die Kommunen, deren Umlagen steigen und somit weniger Geld für ihre Aufgabenerfüllung haben. „Aber ist es nicht unsere Pflicht, um eine auskömmliche Finanzierung zu kämpfen? Schließlich finanziert der Bezirk Oberfranken mit über 500 Millionen Euro in erster Linie soziale Leistungen für alle, für unsere Mitmenschen mit Behinderung und natürlich für Pflegebedürftige im Alter“, so Keis-Lechner. Schon im letzten Jahr hatte die Verwaltung einen höheren Finanzbedarf errechnet, dem der Hauhaltsabschluss nicht gerecht geworden ist. „Wir sind der Meinung, dass der Berechnung der Verwaltung endlich mehr Vertrauen geschenkt werden muss! Sparen, Sparen, Sparen funktioniert bei sozialen Leistungen nicht. Biliger wird es nicht – außer wir überlassen die Betroffenen und deren Familien sich selbst. Wer das will, soll bitte den Mut haben, das den Betroffenen und ihren Familien auch so zu sagen!“, so die Grüne Bezirksrätin Dagmar Keis-Lechner weiter.Woher kommt denn nun die „Kostenexplosion“ im Sozialwesen, die die Bezirke derart fordert?Zum einen sind da die schon erwähnten Gehaltssteigerungen in der Sozialarbeit. Erinnern wir uns noch an die Zeit der Corona-Pandemie. Damals haben wir den Pflegekräften applaudiert – davon konnten sie sich aber nichts kaufen. Gehaltssteigerungen waren unumgänglich. Aber die Coronazeit war auch eine Zeit der Isolation. Deren psychische Auswirkungen insbesondere bei Kindern und Jugendlichen trifft uns zeitverzögert erst jetzt und führt zu einem Anstieg der Fallzahlen. Weiter haben wir in Oberfranken durch den demographischen Wandel schon jetzt eine alternde Gesellschaft, die helfende Hände und entsprechende Finanzierung benötigt – und da ist das Ende noch nicht abzusehen. Alles das, all diese Leistungen fallen in den Zuständigkeitsbereich des Bezirks und sorgen für den steigenden Finanzbedarf – und wir sind hier noch nicht am Ende der Fahnenstange. Wer soll die Arbeit leisten?Überall herrscht Fachkräftemangel. Alte Menschen wollen und sollen so lange wie möglich zuhause wohnen können. Dort finden wir vorwiegend Frauen zur Unterstützung in der häuslichen Versorgung. Diese Frauen fehlen der Wirtschaft. Fragt man bei der IHK nach, so machen deren Expert:innen die Rechnung auf, dass es mehr Arbeit von Frauen braucht, um einem wirtschaftlichen Abschwung wegen Fachkräftemangels entgegenzutreten. Desweiteren werden wir auch zukünftig darauf angewiesen sein, dass Fachkräfte aus dem Ausland zu uns kommen und unsere freien Stellen im sozialen Bereich besetzen. Dafür müssen wir alle gemeinsam an einer gelingenden Integration arbeiten.